Leica-Feeling auf dem iPhone – wie schlägt sich die LUX-App?

4.7/5 – 15 ABSTIMMUNGEN

Gestochen scharfe Bilder, satte Farben und dieser ganz besondere Kontrast – wer sich ein bisschen mit Fotografie beschäftigt, weiß: Der Leica-Look ist eine Klasse für sich. Er steht für Qualität, Charakter und eine fast schon nostalgische Ästhetik. Und jetzt soll es den auch fürs iPhone geben. Mit einer App. Klingt erstmal nach viel Marketing – also habe ich sie in den vergangenen zwei Wochen einfach selbst ausprobiert.

Mehr Persönlichkeit statt nur Technik

Mittlerweile sind Smartphone-Fotos oft perfekt – technisch zumindest. Doch irgendwie fehlt ihnen häufig das Besondere. Ich finde, man sieht vielen Bildern an, dass sie aus der immer gleichen Kamera-App stammen. Genau da setzt Leica LUX an: Die App will dem iPhone diesen typischen Leica-Look verpassen – mit speziellen Farbprofilen, die Leica selbst entwickelt hat.

Die Grundversion ist kostenlos, läuft aber nur ab iOS 17.1. Heißt konkret: Ältere iPhones, zum Beispiel das iPhone X, sind raus. In der Gratisvariante bekommt man fünf Filter („Leica Looks“), ein emuliertes Objektiv (Summilux-M 28 mm ƒ/1.4 ASPH) und ein paar grundlegende Belichtungseinstellungen. Klingt erstmal okay – aber wer mehr will, muss zahlen.

Pro-Version: Lohnt sich das Upgrade?

Die Vollversion kostet knapp 8 Euro im Monat oder rund 80 Euro im Jahr. Dafür gibt’s dann elf Farblooks und fünf virtuelle Leica-Objektive zur Auswahl. Mit dabei: Summilux 28 und 35 mm, Noctilux 50 und 75 mm, und als Bonus – allerdings nur auf dem iPhone 15 Pro Max – das APO-Telyt 135 mm.

Dazu kommen manuelle Einstellmöglichkeiten wie ISO, Weißabgleich, Belichtungszeit und Fokus. Und: Man kann endlich auch im ProRAW-Format fotografieren – was bei der Nachbearbeitung wirklich hilfreich ist.

Die Bedienung – einfach, aber mit einem Haken

Die App selbst bietet zwei Hauptmodi: Photo und Aperture (also Blendenmodus). Wechseln kann man ganz einfach über ein Menü unten rechts. Dort findet man auch Timer, Blitz, Raster, Histogramm, Objektiv- und Filterauswahl. Die Oberfläche wirkt aufgeräumt und modern – soweit, so gut.

Was mich aber genervt hat: Die manuellen Einstellungen sind echt schlecht versteckt. Ein schmaler Balken am Bildrand – den muss man erstmal finden. Gerade wenn man gezielt an ISO oder Fokus drehen will, ist das umständlich. Da geht’s besser.

Was sie besser kann als Apples Kamera-App

Ein Punkt, der mich positiv überrascht hat: Die App erlaubt wirklich flexible Belichtungszeiten – von 1/8000 Sekunde bis 1 Sekunde. Damit kann man richtig kreativ werden, zum Beispiel bei Bewegungsfotos. Apple erlaubt das nur im Nachtmodus – und auch nur mit Einschränkungen.

Was leider fehlt: Langzeitbelichtungen über eine Sekunde. Die bietet Apple (mit Stativ) im Nachtmodus, Leica LUX aktuell nicht. Schade, denn gerade im Bereich Lightpainting oder Nachtfotografie wäre da noch mehr gegangen.

Der Aperture-Modus: Tiefenschärfe zum Spielen

Im Blendenmodus simuliert die App echte Objektiv-Charakteristika – inklusive stufenlos einstellbarer Blendenöffnung von ƒ/1.2 bis ƒ/8. Ideal für Porträts oder wenn man den Hintergrund schön weich haben will. Und ja, das sieht besser aus als bei Apple. Vor allem die Übergänge zwischen Schärfe und Unschärfe wirken natürlicher, feine Details fransen seltener aus.

Aber: Wenn man den Fokus auf weiter entfernte Objekte legt, wird der Vordergrund oft nicht richtig unscharf – auch bei offener Blende. Da ist der Porträtmodus vom iPhone teilweise sogar einen Tick besser.

Die Looks im Detail

Die „Leica Looks“ sind das Herzstück der App – und die Ergebnisse sind oft wirklich beeindruckend. Drei davon haben’s mir besonders angetan:

  • Leica Eternal: Satter Kontrast, kräftige Farben, ein ganz eigener Ton. Bilder bekommen sofort Tiefe und Stimmung.

  • Leica BW High Contrast: Schwarzweiß mit richtig Wumms. Perfekt für dramatische Szenen oder Porträts.

  • Leica Natural: Wie der Name sagt – sehr dezent, aber farblich schön ausgeglichen. Ideal für authentische Alltagsmotive.

Man kann die Looks übrigens in beiden Modi nutzen – was das Ganze sehr flexibel macht. Besonders im Zusammenspiel mit den Objektiv-Emulationen entstehen damit Bilder, die sich deutlich von der iPhone-Standardästhetik abheben.

RAW-Fotografie? Nur teilweise

Was ich schade finde: RAW-Aufnahmen sind nur im Photo-Modus möglich. Im Aperture-Modus geht’s (laut Entwickler:innen) aus technischen Gründen nicht. Das schränkt die kreative Bearbeitung im Nachhinein etwas ein – wäre schön, wenn sich das mit einem Update ändern ließe. Immerhin: Eine Belichtungskorrektur im Blendenmodus ist mittlerweile nachgeliefert worden – das ging wohl bis vor Kurzem auch nicht.

Und was macht die Konkurrenz?

Ein Klassiker unter den Filter-Apps ist natürlich VSCO – bietet über 200 Farblooks, Tools wie Körnung, Vignette und sogar Videobearbeitung. Preislich liegt das Abo bei 35 Euro pro Jahr – also deutlich unter Leica LUX. Objektivsimulationen gibt’s da zwar nicht, aber wer einfach nur kreative Filter und ein paar Bearbeitungsoptionen will, macht mit VSCO sicher nichts falsch.

Mein Fazit: Edel, aber nicht für jeden

Leica LUX ist keine App für schnelle Schnappschüsse. Sie richtet sich an Leute, die gerne mit Bildwirkung spielen, die Spaß daran haben, ihre Fotos bewusst zu gestalten – und denen Ästhetik wichtiger ist als technischer Overkill.

Ja, die App ist vergleichsweise teuer. Und nein, sie ersetzt keine echte Leica mit ihren lichtstarken Objektiven für mehrere tausend Euro. Aber: Sie bringt einen Hauch von Leica-Feeling aufs Smartphone – und das funktioniert überraschend gut. Für kreative iPhone-Fotografie ist das Teil definitiv ein spannendes Werkzeug.

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